BRUDERRIND

Andere Tierart, ähnliches Problem - auch hier gilt es Lösungen zu finden!

Worum geht's?

 

Ohne Kalb keine MilchKalb trinkt bei seiner Mutter

Eine Kuh produziert Milch, um ihr Kalb zu ernähren. Und nur, wenn sie jedes Jahr ein Kalb bekommt, gibt sie so viel Milch, dass es sich lohnt sie zu melken. Jedes zweite dieser Kälber ist, unter normalen Umständen, ein männliches, welches nicht für die Milcherzeugung genutzt werden kann. Auch von den weiblichen Kälbern werden nicht alle für die eigene Herde genutzt (remontiert).    
Was passiert also mit den überzähligen Kälbern?

Zucht auf Milchleistung bedeutet energieintensive Mast

Kalb in EinzelboxÄhnlich wie bei den Hühnern, wo eine hohe Legeleistung mit einem geringen Fleischansatz einhergeht, steht die Zucht auf Milchleistung einer guten Mastleistung entgegen.

Rinder aus einer milchbetonten Rasse setzten verhältnismäßig langsam Fleisch an, da sie jahrzehntelang darauf gezüchtet wurden, die ihnen verfügbare Energie, in Form von Futter, in die Produktion von Milch umzusetzen und nicht in Muskelmasse.

Dies führt dazu, dass das Mästen der Kälber aus der Milchviehhaltung deutlich aufwändiger ist, da diese Tiere für den Muskelaufbau wesentlich mehr Energie benötigen als Tiere aus fleischbetonten Rassen.
Dadurch sind diese Tiere wirtschaftlich für Mastbetriebe nur interessant, wenn der Einkaufspreis entsprechend gering ist. Das bedeutet auf der anderen Seite, dass die Erlöse aus deren Verkauf für die Landwirtin/ den Landwirt so niedrig sind, dass sie i.d.R. nicht einmal die Aufzuchtkosten decken. Dieses Problem besteht insbesondere, aber nichtMastgenetik ausschließlich, im Biobereich, da die Kälber dort, bis zu ihrem Verkauf, mit Vollmilch gefüttert werden müssen und nicht mit billigeren Milchaustauschprodukten. Für den Bio-Milchviehbetrieb lohnt sich kein einziger weiterer Aufzuchttag der Kälber, während dem diese mit wertvoller Vollmilch gefüttert werden. Da viele Milchviehbetriebe kaum noch Geld mit dem Verkauf von Milch verdienen und ohne EU-Subventionen nicht überleben würden, gibt es in diesem System keinen Platz für die Kälber, die nicht remontiert werden. Dies führt zu folgendem, ethischen Dilemma:

(Foto: Kuh und Kalb mit Mastgenetik)

Viele Bio-Milchviehkälber verlassen die ökologische Wertschöpfungskette und werden konventionell gemästet

Die Kälber verlassen i.d.R. im Alter von wenigen Wochen ihren Geburtsbetrieb, indem sie vom Viehhändler abgeholt werden. Häufig fahren die Kälber dann, mit vielen anderen Kälbern von verschiedenen Betrieben, durch halb Europa bis sie auf dem jeweiligen Mastbetrieb ankommen.

Dadurch, dass die Mast solcher Kälber im herkömmlichen System erst bei sehr hohen Stückzahlen rentabel wird, sind die Mastbetriebe überwiegend große und hoch spezialisierte Betriebe. Dort werden die Kälber meist auf engstem Raum und, wegen des hohen Krankheitsdrucks, mit hohen Antibiotikagaben gemästet.

ABER DAS SCHÖNE IST:

Immer mehr Betriebe zeigen, dass es auch anders geht!

Manche Betriebe wollen ihre Kälber nicht mehr in die konventionelle Mast geben, sondern ziehen alle Kälber selbst auf oder arbeiten mit einem Partnerbetrieb zusammen.

Darüber hinaus oder auch unabhängig von dieser Thematik, gewinnt die "Kuhgebundene Kälberaufzucht" stark an Bedeutung - das heißt, entweder dürfen die Kälber bei ihren Müttern saufen oder bei einer Amme.RotbuntDN-Kälber

Gerade wenn ein Betrieb alle Kälber bis zur Schlachtung aufzieht, ist die Beschäftigung mit der Frage, welche Rasse am besten geeignet ist, nahezu unumgänglich. Während in Süddeutschland durch die stärkere Verbreitung der Zweinutzungsrasse "Fleckvieh" eine etwas andere Ausgangslage herrscht, ist in anderen Teilen Deutschlands die Hochleistungsmilchrasse "Holstein Fresian" sehr stark vertreten.

Zweinutzung heißt, dass die Kühe etwas weniger Milch geben, die Tiere aber auch Fleisch ansetzen.

Grundsätzlich funktionieren die neuen, häufig recht betriebsindividuellen Lösungen, derzeit noch am besten in Verbindung mit einer Direktvermarktung (Hofladen, Marktstand...). Denn dort können die Betriebe den Kund:innen direkt den Mehrwert erklären und höhere Preise durchsetzen.

Wie dies auch mit Molkereien und Handel als Zwischenhändler funktionieren kann, probieren mittlerweile ein paar Initiativen aus und auch wir sind in diesem Bereich auf der Suche nach einem Weg.

Auf der Seite "Andere Initiativen" stellen wir Projekte und Initiativen vor, die schon Lösungen leben.

(Foto: Kälber der Rasse RDN (Rotbunt Doppelnutzung) - eine Zweinutzungsrasse)


Milch und Fleisch gehören zusammen

Milchprodukte

Klar wird durch diese Thematik, dass es keine Milchprodukte gibt, ohne das auch Fleisch anfällt. Denn neben den Kälbern, die erzeugt werden, wird irgendwann auch die Milchkuh ausgemustert und zu Fleischprodukten verarbeitet.    
Konsequenterweise müsste also wer Milchprodukte isst, auch (Rind-)Fleisch essen. Doch hierbei geht es explizit um Fleisch, das aus dem milchwirtschaftlichen Bereich kommt. Der mit Abstand größte Anteil an Rindfleisch im Handel stammt aber von fleischbetonten Rinderrassen wie Limousin, Charolais oder Angus und der Verzehr dieses Fleisches hilft den Milchviehbetrieben und der Kälberthematik leider nicht weiter.
Auch ist keine allgemeingültige Rechnung möglich, wieviel Fleisch auf einen Liter Milch anfällt. Denn dies ist abhängig von vielen Faktoren wie:

  • Milchleistung
  • Rasse/ KreuzungenFleischprodukte
  • Schlachtalter der Milchkühe
  • Schlachtalter der Nachzuchten
  • Fütterung
  • Tägl. Zunahmen der Nachzuchten
  • Zwischenkalbezeiten
  • Deckbulle od. künstliche Besamung
  • Kälberaufzuchtverfahren

Auch wenn durch diese Faktoren bisher keine einheitlichen Zahlen erhoben werden konnten, gibt es Zahlen. Diese wurden von Ulrich Mück erhoben und berechnet und können nicht! verallgemeinert werden, da diese aus speziellen Haltungsverfahren aus dem deutschen Süden stammen und nur 5 Betriebe beinhalten. Pro Liter Milch fallen demnach 18 bis 31 Gramm Fleisch an, die Variation sind hierbei ebenfalls abhängig von verschiedenen Faktoren. Die Zahlen wurden u.a. in der „Lebendigen Erde 6-2022 Grünland“ veröffentlicht https://www.lebendigeerde.de/fileadmin/lebendigeerde/pdf/2020/LE_2020_6_Mueck-NEU.pdf.
Laut Statistischem Bundesamt beträgt der pro Kopf Konsum von Frischmilcherzeugnissen (Käseprodukte zählen hier nicht mit rein, aber Joghurt, Quark, Sahne usw.) 86 Kg/J (https://de.statista.com/themen/190/milch-milchprodukte/). Je nach Käse werden für die Herstellung von 1 Kg Käse 4-13 Liter Milch benötigt.